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Christoph Bley: Messung von Cognitive Load und Transferfähigkeit in einer multimedialen Lernumgebung zur Aldolreaktion
Christoph Bley
Organische Chemie wird von vielen Studierenden als besonders anspruchsvolle Teildisziplin ihres Chemiestudiums angesehen [1]. Gründe hierfür können in der ausladenden Symbolsprache des Fachs gesucht werden, die es Studierenden erschwert, Reaktionsmechanismen wesentliche Informationen zu entnehmen und basierend darauf adäquate Vorschläge für den weiteren Verlauf zu machen. Als Antwort fokussieren sie in Reaktionsmechanismen verstärkt auf Oberflächenmerkmale [2], die jedoch nur selten zuverlässige Indikatoren für die Struktur und Reaktivität von Molekülen darstellen. In der Folge treffen Studierende mit dieser Strategie häufig fehlerhafte Vorhersagen über den Verlauf chemischer Reaktionen [2]. Unter dieser Problemstellung sind dynamisch multimediale Formate als „Lernvideos“ zunehmend in den Fokus der fachdidaktischen Forschung gerückt. Mit ihnen gewannen auch kognitionspsychologische Theorien wie die Cognitive Theory of Multimedia Learning [3] an Bedeutung, die für sich beanspruchen, multimediale Lernumgebungen unter Berücksichtigung der besonderen Architektur des Arbeitsgedächtnisses gestalterisch optimieren zu können. Bezugnehmend auf diesen Trend zeigt der vorliegende Posterbeitrag die vorläufigen Ergebnisse einer Studie, die eine dynamisch multimediale Lernumgebung zur Aldolreaktion im Kontrollgruppendesign untersucht. Alle Teilnehmer*innen (N = 21) der Studie waren Nebenfachstudierende ohne Vorwissen zur Aldolreaktion. Neben dem Cognitive Load [4] wurde innerhalb von beiden Gruppen auch erhoben, inwieweit die Teilnehmer*innen die der Lernumgebung zugrunde liegenden Gestaltungsmerkmale der Cognitive Theory of Multimedia Learning [3] als umgesetzt angesehen haben. Abschließend wurde mit Hilfe eines Post-Tests untersucht, ob sich Kontroll- und Experimentalgruppe hinsichtlich ihrer Transferfähigkeit auf unbekannte mechanistische Aufgaben zur Aldolreaktion unterscheiden.
Referenzen:
- K. S. Lee, B. Rix, M. Z. Spivey, Chem. Educ. Res. Pract., 2023, 24, 176-191.
- N. Graulich, Chem. Educ. Res. Pract., 2015, 16, 9-21.
- R. Mayer, Cognitive Theory of Multimedia Learning. In: R. Mayer (Hrsg.), The Cambridge Handbook of Multimedia Learning, 2014, 43-71.
- M. Klepsch, F. Schmitz, T. Seufert, Front. Psychol. 2017, 8.
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Elisabeth Dietel: Unterrichtsinhalte neu denken: Strukturierung medizinischer Themenfelder für den Einsatz im Chemieunterricht
Elisabeth Dietel & Prof Dr. Timm Wilke
Beachtung und Förderung von Interesse ist im Bildungskontext als Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden [1] sowie als Teil der Grundbildung (scientific literacy) [2] zu sehen. Das situationale Interesse von Schüler:innen korreliert zudem positiv mit dem schulischen Lernerfolg [3,4] – diese Erkenntnisse sind zentrale Grundlagen für die Auswahl und Erschließung von neuen Themenfeldern. Inhalte und Kontexte aus dem Bereich der Medizin bieten vielfältige Chancen für die Gestaltung eines interessanten, bedeutsamen und alltagsnahen Chemieunterrichts [5,6]. Im Beitrag soll das hohe didaktische Potenzial von medizinischen Themenfeldern untersucht und exemplarisch mit Studienergebnissen und experimentellen Zugängen vorgestellt werden.
Fachliche Überschneidungen von Medizin und Chemie wurden durch eine Online-Befragung von 30 Expert:innen aus den beiden Berufsfeldern identifiziert und nach ihren Lehrplanbezügen geordnet. Basierend auf einer Einschätzung von 10 Lehrkräften, die für die Thüringer Lehrplanentwicklung im Fach Chemie zuständig sind, wurde die Themenauswahl auf die Zusammenhänge von „Blut“, „Wundversorgung“, „Operationen“, „Arzneimitteln“ und „Medikation“ eingegrenzt. Im Vortrag werden die konkreten Bezüge des Themas zu z.B. Ionensubstanzen, Proteinen sowie Polymer- und Komplexchemie in den verschiedenen Klassenstufen dargelegt und erste praxistaugliche Experimente zur Untersuchung von Knochen sowie von polyesterbasierten chirurgischen Nahtmaterialien beschrieben. Die Konzeption eines Fragebogens zur Erhebung von chemie- und medizinbezogenem Interesse, Wahlverhalten bei kontextualisierten Aufgaben sowie der Perspektive der Lernenden und Lehrenden auf den verfeinerten Themenkomplex wird als Ausblick vorgestellt. Zuletzt wird die Bedeutung der Erkenntnisse zur Erstellung ausgewählter Unterrichtseinheiten im CHiK-Konzept [7] diskutiert und im methodischen Rahmen der fachdidaktischen Transferforschung eingeordnet [8].Referenzen:
- KMK, Carl Link 2020
- OECD, W. Bertelsmann Verlag 2007
- N. Holstermann & S. Bögeholz, ZfDN 2007, 13, 71-86
- P. O. Dierks et al., CHEMKON 2014, 21/3, 111-116
- K. Broman & S. Simon, Int. J. of Sci. and Math. Educ. 2015, 13/6, 1255–1278
- S. Sjoberg & C. Schreiner, Asia-Pac. Forum Sci. Learn. Teach. 2005, 6/2.
- R. Demuth et al., Waxmann 2008
- A. Fruntke, M. Behnke, L. M. Stafast, T. Träder, E. C. Dietel, A. Vollrath, C. Weber, U. S. Schubert & T. Wilke, J. Chem. Educ. 2023, 2, 751-759
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Antonia Fruntke: Aus der Nanomedizin in die Schule: Synthese von biopolymeren Carriern im Chemieunterricht
Antonia Fruntke & Prof. Dr. Timm Wilke
„Jährlich erkranken geschätzte 48,9 Mio. Patienten an einer Sepsis, sie ist damit eine der häufigsten Erkrankungen weltweit. Etwa 20% aller Todesfälle gelten als mit Sepsis assoziiert.“ [1] Diese Zahlen zeigen die hohe Bedeutung dieses Krankheitsbildes und von neuen Behandlungsmethoden. Aktuelle Forschungsansätze verfolgen das Ziel, Wirkstoffe nicht im ganzen Körper (systemisch), sondern nur am Wirkort freizusetzen. Auf diese Weise können lokal höhere Konzentrationen eingesetzt und peripher Nebenwirkungen vermieden werden. Der Einsatz von Nanotechnologie bietet in der Medizin dafür ein besonderes Potential. Modifizierte Biopolymere, wie etwa Cellulosederivate, eignen sich aufgrund ihrer Eigenschaften als maßgeschneiderte Wirkstoffträger (Nanocarrier) – wie ein Taxi für Medikamente. An den Zielzellen werden die Wirkstoffe zeit- und ortsspezifisch[2] durch vorab definierte Impulse (bspw. pH-Wert, Licht) freigesetzt und die polymeren Wirkstoffhüllen vom Körper abgebaut. Im Sonderforschungsbereich PolyTarget an der Universität Jena werden solche neuartigen Polymere für Wirkstofftransportsysteme entwickelt und in einer Nanopartikeldatenbank systematisiert, um je nach Krankheitsbild passende Wirkstoff-Carrier-Systeme zu entwickeln[3]. In diesem Beitrag zeigen wir die Chancen und das didaktische Potenzial des lehrplanrelevanten Themas „Nanomedizin“ und präsentieren eine Versuchsreihe für den Chemieunterricht. Bei dieser kann mittels Dialyse im Schülerversuch ein nanopartikuläres Wirkstoffträgersystem nachgeahmt und verfolgt werden. Der Versuch ist mit ungefährlichen Chemikalien in kurzer Zeit im Schülerexperiment durchführbar.
Referenzen:
- C. Fleischmann-Struzek, D. Schwarzkopf, K. Reinhart, Medizinische Klinik, Intensivmedizin und Notfallmedizin 2021.
- S. Grund, M. Bauer, D. Fischer, Adv. Eng. Mater. 2011, 13, 61-87.
- SFB 1278 PolyTarget, https:// polytarget.uni-jena.de/ (21.02.2023).
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Malte Petersen: Liposom-Nanoreaktoren: Effizenzsteigerung eines photochemischen Systems durch lokal hohe Konzentrationen
Malte Petersen & Prof. Dr. Timm Wilke
Die Relevanz von photochemischen Prozessen ist unter anderem durch die Bedeutung der Photosynthese als „Grundlage des Lebens“ und anhand der steigenden Zahl von darauf basierenden Techniken innerhalb unserer Gesellschaft zu erkennen. Im Sonderforschungsbereich CATALIGHT [1] werden neue Wege beforscht, durch das Einbetten von Photosystemen in Matrizen aus weicher Materie eine Steigerung ihrer Effizienz zu ermöglichen. Eine innovative Methoden um dies zu erreichen ist der Einschluss von Photosystemen in sogenannte Liposom-Nanoreaktoren [2]. Hierdurch ist es möglich, durch die räumliche Nähe lokal hohe Konzentrationen zu organisieren, welche die Leistungsfähigkeit des Systems im Vergleich zu einer klassischen Lösung deutlich steigern kann. In der präsentierten Experimentalreihe wird ein photochemisches System aus dem Farbstoff Eosin Y und dem Modellsubstrat NADH in aus Lecithin hergestellten Liposom-Nanoreaktoren eingeschlossen [3]. Bei einer Bestrahlung mit blauem Licht kann bereits nach 5 Minuten ein deutlicher Unterschied im Vergleich zu einem Photosystem in „klassischen“ Bedingungen beobachtet werden. Der Beitrag erschließt in einem ersten Schritt das zugrundeliegende Prinzip der hohen lokalen Konzentrationen für die Schule und knüpft an die aktuelle Forschung innerhalb des Sonderforschungsbereichs an.
Referenzen:
- TRR234 CataLight. https://www.catalight.eu/ (letzter Zugriff am 21.2.2022).
- Nau, R. E. P., Bösking, J., Pannwitz, A. (2022). Compartmentalization Accelerates Photosensitized NADH to NAD + Conversion. ChemPhotoChem, e202200158.
- Petersen, M., Nau, R. E. P., Pannwitz, A., Wilke, T. Weniger ist mehr: Ein leistungsfähiger Photoreaktor auf der Nanometer-Skala. CHEMKON accepted.
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Nicolai ter Horst: Nanomedizin experimentell und digital erkunden – moderne Forschung trifft moderne Fachdidaktik