Verschiedenfarbige Flüssigkeiten in Laborgläsern

Meine Umentscheidung des Studiengangs

Das Studium in Chemie war nie wirklich mein Studienwunsch gewesen. Hier erzähle ich mehr über meine Studienwahl und meine Umentscheidung dieser.
Verschiedenfarbige Flüssigkeiten in Laborgläsern
Foto: Christoph Worsch (Universität Jena)
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Meldung vom: | Verfasser/in: Soyee Chan
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Pharmazie war seit langen mein Wunschstudium gewesen. Trotzdem ist die Zulassung für dieses anspruchsvolle Fach sowohl in Deutschland als auch in Hongkong streng. Ich habe mich dafür in Hongkong schon drei mal beworben. Leider habe ich nie ein Angebot bekommen. So bin ich nach Deutschland gekommen und habe gehofft, dass ich hier mein Ziel erfüllen kann. Im Endeffekt wurde ich nicht für ein Studium in Pharmazie aufgenommen. Stattdessen bin ich in der Chemie gelandet.

In Hongkong habe ich nach dem Abi für ein Jahr als Kassierin und als Kellnerin gearbeitet, bevor ich meine Ausbildung als Pharmazeutisch-technische Assistentin absolviert habe. Es hat mich sehr gefreut, dass ich während meiner Ausbildung bereits in einer Apotheke beruflich angestellt wurde. Anschließend habe ich noch in zwei weiteren Apotheken in Ärztehäusern und einer normalen Apotheke gearbeitet.

In Hongkong dürfen Ärzte ihren Patienten Medikamente verschreiben und direkt vor Ort geben, anstatt dass die Patienten selber Apotheken besuchen und die Medikamente abholen müssen, wie es in Deutschland und vielen anderen Ländern üblich ist. Deswegen befinden sich manche Apotheken in Ärztehäusern. Dies ist jedoch in Hongkong umstritten.

Der Beruf als PTA, besonders die Tätigkeit in Ärztehäusern, gefällt mir sehr gut. Mir war auch bewusst, dass ich meine Kenntnisse vertiefen muss, und ich mich für Wissen über Arzneimittel interessiere. Deswegen habe ich mich in Hongkong für ein Studium in Pharmazie beworben. Nachdem ich mehrere Absagen bekommen habe, wollte ich immer noch nicht aufgeben. Ich habe gehört, dass es in Europa einen großen Fachkräftemangel an Apotheken gibt. Deshalb dachte ich, dass ich in Deutschland eine bessere Chance hätte.

Leider werden meine Ausbildung und Berufserfahrung als PTA in meiner Heimat bei der Bewerbung an deutschen Universitäten nicht anerkannt, auch wenn mein Beruf in Deutschland anerkannt wird. Deshalb werden nur meine Abiturnoten berücksichtigt, welche den Anforderungen für die Zulassung in Pharmazie nicht entsprechen. Das habe ich in gewisser Weise erwartet. Ich habe anschließend Unis besucht, um mich näher zu informieren. Beispielsweise habe den Tag der offenen Tür an der Uni Leipzig besucht. Dort hatte ich die Gelegenheit, mit dem Dekan von Pharmazie zu sprechen. Ich habe ihm über meine Situation erzählt. Immer noch hat er mir empfohlen, mich einfach zu bewerben. Daneben hat er mir auch vorgeschlagen, erst Chemie zu studieren und anschließend einen Studiengangwechsel zu beantragen. Dies ist ein Grund, weshalb ich mich auch für Chemie beworben habe.

Dennoch wollte ich noch nicht aufgeben. Durch meinen Besuch an den Universitäten habe ich über den Eignungstest für Pharmazie PhaST erfahren. Ich habe mich für den Test angemeldet. Außerdem habe ich nach dem Deutschkurs endlich einen Platz in einer Apotheke für ein Praktikum bekommen, nachdem ich mehrere Apotheken persönlich besucht und nach einem Platz für ein Praktikum gefragt habe. Trotz eines sehr positiven Ergebnisses im PhaST und dem Praktikumsplatz haben sich meine Chancen für die Bewerbung nicht verbessert, da ich im internationalen Bewerberpool bin und dort nur die Abschlussnote gilt.

Weil ich in Erfurt wohne und die Universität Jena einen renommierten Ruf hat, habe ich mich dafür entschieden, Chemie in Jena zu studieren. Natürlich habe ich weiterhin geprüft, ob und wie ein Studienwechsel zu Pharmazie möglich ist. Nachdem das Chemiestudium begonnen hat, habe ich gemerkt, dass es mir auch sehr gefällt. Dadurch wurden die Zweifel größer, ob ich noch einen Wechsel zur Pharmazie verfolgen sollte. Aber ich habe schon soviel für die Zulassung in Pharmazie investiert, dass es sich anfühlt, als würde ich meine Mühe verschwenden. Die Frage ist: Was wiegt mehr. Die bereits verwendete Zeit, Spaß an meinem derzeitigen Chemiestudium, oder die Zeit, welche ein Pharmaziestudium dauern würde, nämlich noch weitere 5 Jahre…?
Ist dies alles ein Zeichen, dass ich eigentlich nicht mehr nach Pharmazie streben sollte?

Letztlich hat mir ein kantonesischer SongExterner Link das Konzept der „Sunk Cost Fallacy“ vorgestellt. Im Allgemein bedeutet es eine Tendenz, etwas was als Ziel gesetzt wurde, erzielen zu wollen, wenn wir bereits z.B. Geld, Zeit oder Mühe investiert haben, obwohl es während dieses Strebens negative Schlussfolgen gibt. Um dies zu vereinfachen, bedeutet es ein Gefühl, als würde man etwas verschwenden, falls der Wunsch nicht erfüllt wird. Mir geht es defintiv so, weil ich in der Tat eine berufliche Beziehung mit der Pharmazie aufgebaut habe. Dennoch gab es Momente, in denen ich das Gefühl hatte, nicht weiter in einer Apotheke arbeiten zu wollen. Ich glaube aber, dass viele Leute, welche schonmal für eine längere Zeit in einem Beruf tätig waren, dieses Gefühl hatten. Das Chemiestudium hat mir gezeigt, wie spannend es sein kann, eine Naturwissenschaft zu studieren. Ich habe auch nur nach dem Anfang des Studiums bemerkt, wie gerne ich etwas über Chemie lerne. Um ehrlich zu sagen, konnte ich mich vorher nicht im Chemiestudium vorstellen.

Bezüglich dem Sunk-Cost-Fallacy möchte ich auch eine Selbstreflektion hervorrufen: wie kann man wissen, für was man sich eignet, ohne dass man etwas Neues erkundet. Würde man andere Optionen ablehnen, verschwendet man auch die Zeit und den Anlass von anderen Möglichkeiten. Falls ihr gerade nicht genau auf eurem geplanten und erwünschten Weg zu eurem Ziel seid, ist es nicht schlimm sich zu bemühen um dieses zu erzielen. Allerdings gibt es auf dem Weg wahrscheinlich ein Paar Verzweigungen, die eigentlich Abkürzungen sind, oder schönere Ausblicke haben. Es fühlt sich für mich auch manchmal komisch an, dass ich jetzt nach all den Jahren Arbeit und anderen Sachen keine Pharmazie studiere, obwohl mein Studium jetzt auch nicht soweit von der Pharmazie entfernt ist. Aber hey, ich lebe noch… .

Ich hoffe, dass ihr euch darüber freut, was ihr bisher erreicht habt und dies mehr wertschätzt. Wenn nicht, dann überlegt euch, ob es euch wirklich gefällt oder ob es eine Obsession ist. Selbsterkenntnis ist wichtig. Mach’s gut und bis dahin!